»Ein Quantensprung für soziale Grundrechte« Katja Kipping
Das Bundesverfassungsgericht erklärt zumindest in Teilen Hartz IV Sanktionen als nicht verfassungskonform. Zukünftig darf der Staat Hartz-IV-Empfänger*innen nicht mehr so schnell und so weitreichend Leistungen kürzen wie bisher. Das Urteil ist ein Erfolg. Doch es reicht noch nicht. Die Vollsanktionen für unter 25 Jährige müssen sofort gestrichen werden. DIE LINKE kämpft weiter für eine vollständige Sanktionsfreiheit und die Überwindung von Hartz IV. Denn, Hart IV ist Armut und Ausgrenzung per Gesetz.
Deshalb hat meine Fraktion diese Woche zahlreiche Anträge zu Hartz IV im Bundestag eingereicht. Für eine realistische und faire Berechnung von Wohnkosten, eine sofortige Erhöhung des Satzes auf 582 Euro und einen Vorschlag, die Verwaltungskosten der Jobcenter zu senken, in dem die Bagatellgrenze für Rückforderungen angehoben wird. (Anträge 19/6526, 19/10621, 19/11097)
Ausschuss für Kultur und Medien
Bei einer öffentlichen Anhörung befassten wir uns mit dem Schicksal zehntausender als vermeintlich „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ vom NS-Regime in Konzentrationslagern gefangenen und ermordeten Frauen und Männer. Der Initiator einer Petition an den Bundestag, Prof. Frank Nonnenmacher, und weitere Wissenschaftler*innen waren als Sachverständige eingeladen. Rückfragen durch mich und meine Kollegin Brigitte Freihold für DIE LINKE ergaben, dass die Rolle von widerrechtlich verfolgten Frauen noch ungenügend aufgearbeitet ist und auch die weitgehend unbeachtete Opfergruppe von in Polen verfolgten und ermordeten Menschen weiterer Aufarbeitung bedarf.
Unser Antrag zur Anerkennung der als „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ verfolgten Opfer des Nationalsozialismus.
„Death in Custody“ – Antrag der Linksfraktion
Diese Woche hat die Staatsanwaltschaft in Kleve die Ermittlungen im Fall Amad A. eingestellt. Der 26-jährige kurdische Geflüchtete aus Syrien war im September 2019 in einer Vollzugsanstalt in Kleve unter ungeklärten Umständen bei einem Brand in seiner Zelle gestorben. Meine Bundestagskolleg*innen der LINKEN haben eine Kleine Anfrage eingereicht, mit der sie Informationen zu Todesfällen in Haft und durch polizeiliche Maßnahmen sammeln wollen (Drucksache 19/14660). Zwischen 1998 und 2016 starben in deutschen Justizvollzugsanstalten (JVA) fast 3.000 Menschen. Darüber hinaus sterben regelmäßig Menschen, weil sie von Polizeibeamtinnen und -beamten erschossen werden.
Die Bundesregierung wird u.a. gefragt, welche Angaben sie zu den Todesfällen und zur medizinischen und psychotherapeutischen Betreuung von Personen in Obhut des Staates machen kann.
In der Anfrage solidarisiert sich meine Fraktion mit der Kampagne „Death in Custody“. Die Aktivist*innen der Kampagne kritisieren, dass Polizei und Staatsanwaltschaften nicht ernsthaft ermittelten, wenn schwarze Menschen und People of Colour in Gewahrsamssituationen bzw. in Zusammenhang mit polizeilichen Maßnahmen sterben. „Death in Custody“ versteht dies als Ausdruck von institutionellem Rassismus und fordert eine unabhängige Untersuchung jedes Todesfalls in Haft bzw. in Verbindung mit polizeilichen Maßnahmen. Die Fragestellenden schließen sich dieser Einschätzung an.
Parlamentariergruppe Anden-Staaten
Im Rahmen meines Engagements in der Parlamentariergruppe Anden-Staaten habe ich mich mit Vertreter*innen von SOLIVIDA getroffen. Sehr spannendes und tolles Gespräch! Die kolumbianische Organisation erhielt 2018 den deutsch-französischen Menschenrechtspreis „Antonio Nariño“. SOLIVIDA wurde für ihre Arbeit mit Binnenflüchtlingen in Kolumbien ausgezeichnet. Die NGO agiert in Cali, einer der größten Städte Kolumbiens. Dort landen viele Binnenvertriebene aus den Bundesstaaten Valle de Cauca, Cauca, Nariño, Huila, Meta etc. an. SOLIVIDA bietet juristische und psychosoziale Betreuung für die Vertriebenen an und hilft bei der (Re-)Integration.
Infos zur NGO auf Spanisch.
Kuratorium der Stiftung Deutsches Historisches Museum
Ein letztes Mal nahm ich an der Sitzung des Kuratoriums der Stiftung Deutsches Historisches Museum teil. Das Kuratorium ist das oberste Gremiums der Stiftung und ist besetzt mit Vertreter*innen des Deutschen Bundestages, der Bundes- und Landesregierung. „Das Kuratorium überwacht die Tätigkeit der Stiftungsleitung und beschließt über alle grundsätzlichen Fragestellungen des DHM, insbesondere über die Grundzüge der Programmgestaltung, die Satzung, den Wirtschaftsplan, die Bestellung der Abschlussprüfer sowie wichtige Personalentscheidungen.“ (Für mehr Infos.)
Es war mir eine besondere Ehre, dieses große Haus unterstützen zu dürfen. Das DHM hat an zahlreichen kulturpolitischen Entwicklung mitgewirkt.
So ist die Provenienzforschung bereits lange Bestandteil der Museumspraxis.
In unserer Kuratoriumssitzung vom 16. Mai 2019 beschlossen wir zum Beispiel, die Wappensäule vom Cape Cross an den namibischen Staat zurückzugeben. (Der Tagesspiegel berichtete.)
Das Kuratorium besteht aus 15 Mitgliedern, die für jeweils fünf Jahre entsandt werden. Dieser 5-jährige Turnus läuft jetzt ab, und aufgrund der veränderten Mehrheitsverhältnisse im Bundestag wird die Linksfraktion das Kuratorium nicht mehr unterstützen können. Stattdessen wird die AfD ein Mitglied benennen.
Meine Sitzungswoche war vollgepackt mit Terminen. Am Donnerstagabend hatte ich im Plenarsaal einen kleinen Schwächeanfall. Meine Parlamentskolleg*innen haben sich direkt um mich gekümmert und dank der Parlamentsärztin war ich auch medizinisch gut umsorgt.
Mir geht es wieder besser, aber ich nehme diesen Schreck als Warnsignal und versuche in den Parlamentsalltag mehr Regenerationsphasen einzubinden.
9. November
1918, 1923, 1938, 1989: Der 9. November gilt als „Schicksalstag“ in der deutschen Geschichte. Doch in den letzten Tagen dominierte ein Ereignis die Berichterstattung: das Jubiläum des Mauerfalls. In den Hintergrund gerät, dass der 9. November auch Tag des Gedenkens an die Opfer des Novemberpogroms ist. Ich nahm am 8.11. aus diesem Anlass an einer Gedenkveranstaltung in Würzburg teil. Eingeladen haben die Israelitische Kulturgemeinde Würzburg und Unterfranken und die Stadt Würzburg. Gemeinsam haben wir am Platz der ehemaligen Synagoge in der Dormerschulstraße an die Opfer des Novemberpogroms erinnert. Ein Moment des Innehaltens, der mich traurig gemacht hat. Aber mir auch Antrieb gibt, weiter gegen antisemitische Hetze und Verschwörungstheorien und gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zu kämpfen. Im Bundestag und auf der Straße.