Mit Claudia Heine habe ich über Phrasen-Gefahr in Bundestagsreden und die Vorzüge von Twitter gesprochen.

»Die Sprache innerhalb der Kulturszene, in der Sie lange beruflich aktiv waren, unterscheidet sich sehr von der Sprache der Politik. Haben Sie das Gefühl, der Hintergrund hilft Ihnen, nicht so schnell ins phrasenhafte abzudriften?

Total. Und es ist mir auch sehr wichtig, mir das zu bewahren. Je länger man Politik macht und je öfter man zu bestimmten Themen redet, desto öfter verfällt man in diese Phrasen. In meiner Anfangszeit als Abgeordnete hat meine Art zu sprechen schon zu Irritationen geführt, gleichzeitig aber auch dazu, dass man mir zuhörte, im Sinne von aufhorchen. Nach zwei Jahren im Bundestag habe ich gemerkt: Auch ich laufe Gefahr, in Sprechblasen zu verfallen. Ich achte deshalb sehr bewusst darauf, eine Sprache zu benutzen, die verstanden wird, die auch barrierefrei ist und nicht von oben herab, sondern auf Augenhöhe. Das ist mein Anspruch.

Politiker sollten rhetorisch geschult sein, um möglichst viele Menschen von ihren Zielen zu überzeugen. Haben Sie sich vor dem Einzug in den Bundestag beraten?

Nein. Aber im Bundestag selber wurde mir am Anfang „geraten“: „Das war ja eine gute Rede, aber mach mal ein bisschen leiser“, zum Beispiel. Das hatte wohl weniger mit mir als mit der Tatsache zu tun, dass ich eine Frau bin. Frauen sollen eben nett sein. Als Ostfrau irritiert mich das. Diese Geschlechterfrage war für mich eigentlich längst geklärt und plötzlich war ich wieder damit konfrontiert.«

Das Parlament, 30.08.2021, online auf das-parlament.de