Sehr geehrter Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute eine Delegation aus der Assemblée Nationale zu Gast. Ich freue mich, dass ich nachher einen der Kollegen treffe. Michel, bienvenido! Nos vemos después, me alegro mucho.
(Beifall bei der LINKEN)
Unsere gemeinsame Sprache ist Spanisch. – Wenn ich nach rechts schaue, sieht man ziemlich deutlich, dass Qualität und Quantität nicht viel miteinander zu tun haben.
(Beifall bei der LINKEN)
Heute behandeln wir einen Gesetzentwurf, der wie so oft reinen Symbolcharakter hat. Diesmal will die AfD dem Grundgesetz ans Eingemachte; denn die deutsche Sprache sei in Gefahr. Dabei gehört Deutsch zu den zehn am meisten gesprochenen Sprachen weltweit. Sie kam deshalb 2006 ins Guiness-Buch der Rekorde. Wo bitte ist also die Gefahr?
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Debatte, die man da anstoßen will, ist weder neu noch zeitgemäß; denn in allen Zeiten gab es jene, die sich an Althergebrachtes klammerten, und solche, die begeistert die Entwicklung begrüßten. Sprache ist weder ein starres Konstrukt, noch ist sie völlig losgelöst von Regeln. Den Gebrüdern Grimm sei an dieser Stelle Dank.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der AfD geht es weder um die Förderung der deutschen Sprache noch um den Erhalt von Kultur. Ihr geht es um Deutungshoheit; denn sonst würde sie einen Antrag stellen, der zum Beispiel Bildung fördert.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Mir stellen sich drei Fragen: Was sagt die AfD? Was meint die AfD? Was will die AfD?
(Stephan Brandner [AfD]: Sagen Sie es uns!)
– Das sage ich Ihnen gerne.
(Stephan Brandner [AfD]: Ich bin gespannt!)
Sie sagen Volk, meinen aber völkisch, und Sie wollen ausgrenzen.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Stephan Brandner [AfD]: Dem deutschen Volke!)
Ein Geschmäckle hat dabei, dass es die AfD war, die mit russischsprachiger Wahlwerbung in den Wahlkampf zog. Das lässt nur den Schluss zu, dass es nicht um Sprache geht. Nein, es geht um von der AfD definierte völkische Zugehörigkeit.
(Beifall der Abg. Katja Kipping [DIE LINKE])
Die AfD sagt, die deutsche Sprache müsse im Grundgesetz verankert werden.
(Beifall des Abg. Karsten Hilse [AfD])
Aber welche Sprache meint sie? Literarisches Deutsch? – Ich glaube nicht. Gendergerechtes Deutsch?
(Beatrix von Storch [AfD]: Auf gar keinen Fall!)
– Genau. – Um Amtsdeutsch kann es ihr nicht gehen; denn das ist bereits gesetzlich verankert. Ihr geht es um völkisches Deutsch, um Sprache als Mittel zur Ausgrenzung.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Was soll dann bitte konkret folgen? Die Einsetzung einer Reichs- – Pardon, einer Bundeskulturkammer? Die entscheidende Frage lautet nicht, welche Sprache man spricht, sondern, was man sagt und was man wieder sagbar macht. Da ist die AfD Vorreiter.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Seit Jahren arbeitet sie daran, Unsägliches wieder sagbar zu machen. Da wird völkisch schwadroniert, was das Zeug hält.
An einer Stelle wird die Vorlage sogar ein bisschen konkret. Die AfD will der Freiheit der Programmgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ans Leder.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Was?)
Da soll reguliert werden – im Sinne der AfD, versteht sich. Vielen Dank auch!
(Beifall bei der LINKEN)
Es ist schon ein starkes Stück, dass ausgerechnet diese Partei, die Sprache vor allem nutzt, um Hass zu säen,
(Widerspruch bei der AfD – Zuruf von der AfD: Oh! Sie haben „Hass“ gesagt!)
um den gesellschaftlichen Diskurs zu sabotieren, um auszugrenzen und anzugreifen, um Frauen zu beleidigen, um Homosexuelle verächtlich zu machen, um Zugewanderte zu diffamieren, um politische Gegner niederzubrüllen und anzupöbeln, Sprache als Kulturgut im Grundgesetz verankern will. Unfassbar!
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wenn etwas im Grundgesetz fehlt, dann ist es Kultur als Staatsziel, und zwar Kultur in all ihrer Buntheit.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Danke. Ich bin im Prinzip fertig.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Lassen Sie mich mit Heinrich Heine schließen:
„Fatal ist mir das Lumpenpack, das, um die Herzen zu rühren, den Patriotismus trägt zur Schau, mit allen seinen Geschwüren.“
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)