Sehr geehrter Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! „Die Demokratie ist nicht die Herrschaft der Mehrheit, sondern die Beschützerin der Minderheiten.“ Das sagte der Schriftsteller Albert Camus, und er hat recht, finde ich. Dem wird die Demokratie in der EU aber noch nicht gerecht. Das zeigt die Bürgerinitiative „Minority SafePack – eine Million Unterschriften für die Vielfalt Europas“. Wir haben es schon gehört: Mehr als 1 Million Unterschriften kamen zusammen. Ich muss sagen: Das ist ein großartiger Erfolg, und ich möchte jenen danken, die diesen Erfolg möglich gemacht und erkämpft haben.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Fakt ist: Sprachen von Minderheiten drohen auszusterben, und das wäre ein nicht wiedergutzumachender kultureller Verlust. Es geht hier um die Sprachen von 8 Prozent der europäischen Bevölkerung, also um rund 50 Millionen Menschen, die sie sprechen. Nur mal zum Vergleich: Das entspricht in etwa der Bevölkerungszahl von Spanien. Man kann diese Minderheiten also nicht kleinreden.

Wenn die Grenzen unserer Sprache aber die Grenzen unserer Welt bedeuten, dann würden mit diesen Sprachen ganze Welten voller einzigartiger Perspektiven für immer verschwinden. Wie klein und wie arm wäre Europa dann?

Was wir brauchen – da sind wir uns fast alle einig, – ist mehr Vielfalt. Aber wir brauchen auch Akzeptanz. Wie aber soll Akzeptanz entstehen, wenn man nichts voneinander weiß, wenn also mit den Sprachen auch die Geschichte und die Geschichten verschwinden? Egal ob Sorbinnen oder Friesen, egal ob Däninnen oder Sinti und Roma: Nationale Minderheiten in Deutschland und in der ganzen EU müssen respektiert und unterstützt werden. Da darf es keine Unterschiede in der Unterstützung geben. Da darf es keine Zweiklassenminderheiten geben. Da darf es nicht mehr oder weniger Rechte geben, bessere oder schlechtere, unerwünschte oder erwünschte Minderheiten. Das darf nicht sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Fakt ist – auch das wurde hier schon gesagt –: Sinti und Roma werden in Europa diskriminiert. Ihre so alte und so reiche Kultur wird weder von allen anerkannt, noch wird ihre Sprache angemessen gefördert. Sie werden ausgegrenzt, sie werden angefeindet. Es gibt unzählige erschütternde Beispiele für Hass und Hetze gegen diese Bevölkerungsgruppe. Das sind Vorurteile und althergebrachte Ressentiments. Die gleichen Gründe, die die Nazis benutzt haben, um diese Menschen zu ermorden, werden heute benutzt, um sie auszugrenzen. Das ist unsäglich.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Sylvia Lehmann [SPD])

Das ist nicht nur falsch, es ist rassistisch. Es sind genau diese Ressentiments, die zu Antiziganismus, zu Ausgrenzung und Gewalt führen. Denn dass aus Gedanken Worte werden, haben wir hier heute wieder erlebt; dass aus Worten Taten werden, wissen wir auch. Der Anschlag mit einer brennenden Fackel auf den Wohnwagen einer Roma-Familie im baden-württembergischen Dellmensingen spricht Bände. Es gibt unzählige erschütternde Beispiele für die Folgen von Antiziganismus. Diese Menschen aber leben unter uns. Sie gehören zu uns, sie gehören zu Europa.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Fraktion schließt sich den Forderungen in den Anträgen von Koalition und Grünen an. Auch wir fordern eine schnelle Umsetzung auf EU-Ebene durch die Kommission. Es gibt noch verdammt viel zu tun. Lassen wir an dieser Stelle mal Worte zu Taten werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)