Debatten im Bundestag

In dieser Woche standen die Themen Stasi-Unterlagenbehörde und DDR-Geschichte ganz oben auf der kulturpolitischen Agenda. Ich habe zwei Reden im Bundestag dazu gehalten und deutlich gemacht: mir geht es um eine Versachlichung der Debatte um die Stasi-Unterlagenbehörde. Im Mittelpunkt muss eine tiefgreifende Aufarbeitung der DDR-Geschichte stehen. Eine Verlängerung der verdachtsunabhängigen Stasi-Überprüfung für Mandatsträger*innen und Angestellte im Öffentlichen Dienst ist nicht der richtige Weg. Angesichts der zunehmenden Spaltung der Gesellschaft hilft kein pauschales Misstrauen – wir brauchen Signale des Vertrauens und des Zusammenhalts.

»30 Jahre nach dem Fall der Mauer sollte es doch möglich sein, die Geschichte dieses Landes als gesamtdeutsche Geschichte zu behandeln.«

Zum Wortprotokoll der Rede. 

Die AfD hatte eine aktuelle Stunde zu dem Thema einberufen. Dabei ist das Interesse der AfD an der Stasiunterlagenbehörde eine Farce! Sie nutzt die Diskussion um sich medial als Opfer einer angeblichen „Schlusstrich-Debatte“ zu inszenieren.
Dass die AfD nichts mit Bürgerbewegung und Freiheitskämpfen zu tun hat, machte auch ihr an die Debatte anschließender Antrag zur Diffamierung von antifaschistisch Aktiven deutlich.

Danke Antifa!

»Die Geschichte lehrt uns: Keine Wahrheit ist für sich stark genug, dass wir auf ihre Verteidigung verzichten könnten« Martina Renner

Meine Bundestagskollegin Martina Renner hielt eine beeindruckende Rede, in der sie deutlich machte, dass jede Demokratie auf antifaschistische Aktivist*innen und mutige Bürger*innen angewiesen ist. Und die Gleichsetzung von Faschismus und Antifaschismus „verheerend, geschichtsvergessen und falsch“ ist.

Von dem Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) wurde Martina nach ihrer Rede „zur Ordnung gerufen“, da sie einen Anstecker der Antifa am Revers trug.
Das Bundestagspräsidium kann laut Geschäftsordnung Ordnungsrufe gegen Abgeordnete erteilen, „wenn sie die Ordnung oder die Würde des Bundestages verletzen“. Besonders fatal: während der Rede von Martina Renner kam es zu üblen und lautstarken Zwischenrufen durch die AfD. Alice Weidel (AfD) schrie kontinuierlich dazwischen, es folgte weder Verwarnung noch Ordnungsruf. (Zum Wortprotokoll.)

An Martina Renner anschließend, hielt Canan Bayram (Bündnis 90/Die Grünen) eine starke Rede, in der sie die Zusammenarbeit der AfD-Bundestagsfraktion mit neonazistischen und rassistischen Akteuren betonte:

» Wie sieht denn da eigentlich die Distanzierung aus, die Sie hier allen abverlangen? Es ist doch scheinheilig! Wenn die AfD Linksextremismus bekämpfen will, aber selbst in ihren Reihen, in der Fraktion, im Deutschen Bundestag den Chef der Identitären Bewegung, alte NPD-Kader und sonstiges Nazi-Geschnetz beschäftigt, (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und der Linken sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) ist das doch in einer Art und Weise eine Missachtung nicht nur unseres Rechtsstaats und der Demokratie, sondern auch aller Migrantinnen und Migranten in diesem Land. Ja, was soll das eigentlich?«

Der immer präsente Sexismus im Plenum wurde auch nach ihrer Rede deutlich, als Michael Kuffer (CDU/CSU) sich erdreiste, Canan Bayram darauf anzusprechen, dass sie zu laut geredet hätte. Wenn Frauen bei Bundestagsreden laut, couragiert und wortgewaltig sprechen, werden sie zu Ruhe und Andacht gemaßregelt. Bei männlichen Abgeordneten wird bei selben Verhalten ihr rhetorisches Geschickt und Einsatz gelobt. Ich kenne das aus eigener Erfahrung.

Über die fatalen Folgen der »Extremismustheorie«

Was mich bei der Debatte um „die Antifa“ allerdings nachhaltig schockiert hat, waren die naiven Beiträge der Kollegen der CDU/CSU und FDP. Immer wieder wurde rechte und linke Gewalt gleichgesetzt. Christoph Bernstiel (CDU/CSU) kritisierte die LINKE dafür, dass sie antifaschistische Politik durch die „Kontaktstelle Soziale Bewegung“ in den Bundestag trägt. Ich bin selber aktiv in der Kontaktstelle und finde es unabdingbar, dass DIE LINKE als Schnittstelle zwischen linker Bewegung und Parlament fungiert. Auch deshalb sitze ich für DIE LINKE im Deutschen Bundestag.

Christoph Bernstiel schien vom Applaus der AfD so angeheizt zu sein, dass er auf eine Zwischenfrage der AfD nochmal deutlich machte, dass sie, die CDU/CSU, mit keinen Extremisten zusammenarbeiten würde. Die Frage des AfD-Abgeordneten lautete: „Ich würde Sie gern fragen, wie Sie das beurteilen, dass Ihr Koalitionspartner mit wesentlichen Persönlichkeiten hier bei einer solchen Veranstaltung mitläuft. Das würde doch viele Menschen in diesem Land interessieren.“ Konkret ging es ihm um die Teilnahme von Olaf Scholz und Ralf Stegner an der Demonstration in Dresden von #unteilbar. Christoph Bernstiel nahm die Definition der AfD auf, dass es sich bei #unteilbar um eine „extrem linke“ Veranstaltung halte, von der es sich zu distanzieren gelte.

Die Gleichsetzung von rechts und links und der direkte Verweis auf linke Gewalt, sobald von faschistischen und rassistischen Anschlägen gesprochen wird, waren auch nach der Debatte im Netz sehr sichtbar. Politisch fatal!

Bei einer meiner ersten Reden betonte ich bereits einen signifikanten Unterschied rechter und linker Politik und kritisierte einen Vergleich:

»Denn die einen treibt Humanismus, die anderen treibt Menschenverachtung. Man diffamiert also die einen und verharmlost die anderen. Deshalb sagt diese Gleichsetzung deutlich mehr über diejenigen aus, die sie in die Welt bringen, als über uns.«

Ausschuss für Kultur und Medien

Im Ausschuss für Kultur und Medien ging es ebenfalls um den Umgang mit Unterlagen der DDR und Stasi und um den Bundeshaushalt 2020. Bereits in meiner Bundestagsrede (Link) zum Haushalt habe ich betont, dass die derzeitige Kulturförderung oft eher kurzfristige Projekte und temporär zusammenarbeitende Künstler*innen unterstützt. Dabei ist Kontinuität und Sicherheit so wichtig!
Mein Kommentar zum Kulturhaushalt 2020 und alle kultur- und medienpolitischen Änderungsanträge im Überblick

Queeres Niederbayern

Nach einer Woche voller Hass und Angriffen im Plenum und im Netz, war der Christopher Street Day in Landshut eine Wohltat. Wie ein Ausflug in einer Welt, die so ist, wie ich sie mir wünsche. Bunt, divers, freundlich, solidarisch.