Weil die Vergabe der Corona-Hilfen zwischen Bund und Ländern nicht ausreichend abgestimmt war, drohten bayerischen Spielstättenbetreibenden hohe Rückzahlungen. Nun rudert der Freistaat zurück – mit erneutem bürokratischen Aufwand für die Clubs. „Ein Unding!“ sagt die Würzburger Abgeordnete Simone Barrientos, kulturpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag. Die durch die Krise ohnehin schwer gebeutelte Branche müsse nun die Versäumnisse der Regierenden ausbaden.
Um Liquiditätslücken zu schließen, hatten im Freistaat bis September vergangenen Jahres etwa 30 Clubs – darunter Colos-Saal und Hofgarten-Kabarett aus Aschaffenburg – das bayerische Corona-Soforthilfeprogramm für die Monate Juni bis Dezember 2020 beantragt. Mit dem zweiten Lockdown nahmen die Spielstätten die vom Bund gestellten November- und Dezemberhilfen für ganz Deutschland in Anspruch. Die für November und Dezember bereits anteilig erhaltenen Hilfen aus dem bayerischen Hilfsprogramm gaben sie dabei an und ließen diese vom Bund herausrechnen.
Monate nach der Auszahlung der Corona-Hilfsprogramme verlangte die bayerische Finanzverwaltung diese nun von Clubbetreibenden teilweise zu 100 Prozent zurück. Dass sie sowohl die bayerischen als auch die bundesweiten Hilfen für die Monate November und Dezember in Anspruch genommen hatten, stelle aus Sicht er Behörde eine „Überkompensation“ dar.
Das Ministerium nimmt die Forderungen nun zurück. Für die betroffenen Clubs aber bedeutet das Vorgehen einen erneuten bürokratischen Aufwand. Sie haben 14 Tage Zeit, um eine Aufhebung des Förderbescheids für die betreffenden Monate zu beantragen und so die Unterstützung für Juni bis Oktober nicht zu verlieren – dies allerdings auf Basis einer neuen Grundlagenberechnung.
„Die mangelnde Abstimmung zwischen Bund und Ländern bei der Vergabe der Corona-Hilfen müssen nicht zum ersten Mal die Kulturschaffenden ausbaden“, kritisiert Barrientos. „In einer Situation, in der es für diese Menschen seit über einem Jahr um die nackte Existenz geht, von ,Überkompensation‘ zu sprechen, ist zynisch.“
Zuletzt hatten Anwält:innen und Berufsverbände immer wieder darauf hingewiesen, dass es ohne juristische Vorbildung schier unmöglich sei, die sich ständig ändernden Vorgaben für die unterschiedlichen Corona-Soforthilfeprogramme korrekt zu interpretieren. Komplizierte Zugangsbedingungen, die in den einzelnen Ländern differenzierte Abwicklung und unterschiedliche Antragsverfahren sowie die damit verbundenen Rückforderungen und Prüfungen nach Gewähr von Hilfen, halten zahlreiche von der Corona-Krise Betroffene davon ab, öffentliche Hilfen überhaupt in Anspruch zu nehmen. Barrientos weiter: „Bereits im Januar dieses Jahres haben wir als Linksfraktion eine diesbezügliche Anfrage an die Bundesregierung gestellt. Es kann nicht sein, dass die sich seit Beginn der Corona-Krise im Überlebenskampf befindende Kulturbranche auf diese Weise zusätzlich belastet wird.“