Respekt und Relevanz für Kultur auf lange Sicht
Die Corona-Pandemie hat das öffentliche Kulturleben lahmgelegt. Die Künstlerinnen und Künstler, ganz besonders die freien und auch die Gewerke dahinter, trifft das existenziell. Von einem Tag auf den anderen verloren sie ihr Einkommen, aber auch ihre Perspektiven. Die Bundesregierung legte zwar ein Programm für Solo-Selbstständige und kleine Unternehmen auf, doch diese Gelder dürfen nur für die anfallenden Betriebskosten ausgegeben werden, nicht für den eigenen Lebensunterhalt. Wer zahlt die Miete? Das tägliche Essen?
Die Betroffenen wurden auf die sogenannte Grundsicherung verwiesen – und damit in die Armut geschickt. Die Corona-Pandemie beschleunigt am Ende nur eine Tendenz, die schon zuvor sichtbar wurde, wenn auch versteckter: die zunehmende Verarmung vieler im Kulturbetrieb. Die praktizierte Kulturförderung in Deutschland bewirkt, dass Künstlerinnen und Künstler sich mehr und mehr selbst ausbeuten.
Das muss sich grundlegend und dauerhaft ändern. Wer es ernst meint mit der Freiheit der Kunst, der muss auch ernsthaft für die Freiheit der Produzierenden sorgen. Dazu zählt auch die Befreiung von Existenzangst und Armut. Kulturförderung muss an soziale Mindeststandards gekoppelt sein. Die Vergütungen und Honorare müssen sozialverträglich und der Leistung angemessen sein. Und das zu allen Zeiten.
Kommentar von Simone Barrientos, erschienen in Clara, Ausgabe 49, Sommer 2020 (18.06.2020)