Ein zentraler Erinnerungsort, um der Menschen zu gedenken, die in der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR Opfer von politischer Gewalt und Willkür wurden, ist dann eine gute Idee, wenn daraus auch ein Ort wird, der die Zeit in Ostdeutschland von 1945 bis 1989 differenziert betrachtet. Die sowjetische Besatzungszone war nicht die DDR, die DDR unter Ulbricht war eine andere, als die unter Honecker. Auch wenn die individuellen Gewalt- und Zersetzungs- und Benachteiligungs-Erfahrungen der Menschen sich nicht wesentlich unterscheiden, muss man anerkennen, dass das politische und gesellschaftliche Klima in den 50er Jahren der DDR ein anderes war, als das der 80er Jahre. Und die historische Ursache des Entstehens der DDR muss mitgedacht, miterzählt werden.
Doch schon die Überschrift im Antrag der Koalition: »Mahnmal für die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft in Deutschland« zeigt, dass es nicht um eine differenzierte Betrachtung gehen soll. Dieser Titel stellt das in der DDR zweifelsfrei geschehene Unrecht auf eine Stufe mit den unfassbaren Verbrechen des NS-Terrors und relativiert sie also.
Die Bezeichnung „kommunistischen Gewaltherrschaft in Deutschland“ in Bezug auf die DDR wird von anerkannten Historikerinnen und Historikern wie zum Beispiel Martin Sabrow, Christoph Kleßmann und vor allem Mary Fulbrook aus gutem Grund nicht verwendet. Es ist ein Kampfbegriff, mit dem die Geschichte der DDR nicht wirklich wiedererzählt werden kann. Wer diesen Begriff benutzt, will linke Ideen in der Gegenwart und für alle Zeiten zu diffamieren. Wer wie die Koalition diesen Begriff im historischen Diskurs verankern will, leistet den rechten Demagogen Vorschub.
Menschen, die Erinnerung an die Wendezeit in der DDR haben, wissen, dass dieses Land eine Diktatur war, schließlich nannte die SED diese Staatsform selbst so, – aber nicht nur. Es hat auch ein richtiges Leben im falschen gegeben (um Adorno zu widersprechen). Freilich hat es auch Gewalt gegeben, etwa gegen die Demonstranten am 7. Oktober 1989 in Berlin – aber es gab keine kommunistische Gewaltherrschaft.
Als Hunderttausende am 4. November 1989 auf dem Alexanderplatz für eine bessere DDR demonstrierten – und auch für einen besseren Sozialismus – tauchte auf keinem der Transparente das Wort von der „kommunistischen Gewaltherrschaft“ auf.
Durch die Verwendung des Begriffs rückt die Bundesregierung das in der DDR zweifelsfrei geschehene Unrecht in die Nähe der unfassbaren Verbrechen des NS. Eine Relativierung, die politisch so nicht gewollt sein kann.

pdf: Für einen Gedenkort, der die Menschen in den Fokus nimmt

Zur Bundestagsdebatte vom 13.12.19 »Mahnmal für die Opfer kommunistischer Gewaltverbrechen«