Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im Moment erreichen uns und auch meine Kolleginnen und Kollegen im Minutentakt Hilferufe aus der Kultur-, Medien- und Kreativbranche. Den Versprechungen der Bundesregierung, dass niemand vergessen werden wird, folgten Maßnahmen, die sich jetzt zu Teilen als ungeeignet und unzureichend herausgestellt haben. Entstanden ist ein undurchschaubarer Flickenteppich von Bundes- und Ländermaßnahmen. Verunsicherung und auch Ungerechtigkeit sind die Folgen. Wir können mit den Kulturschaffenden nicht Russisch Roulette spielen. Es darf nicht Glückssache sein, dass man etwas bekommt.
(Beifall bei der LINKEN)
Die einzige Antwort in dieser Sitzungswoche aus der Koalition ist der Entwurf zur Gutscheinregelung. Dass wir hier trotzdem eine Debatte zur Lage der Kreativen führen, das ist der demokratischen Opposition zu danken, die Anträge dazu vorgelegt hat. Wir Linke fordern in unseren Anträgen die Coronahilfe an die Lebens- und Arbeitswirklichkeit der Kulturschaffenden anzupassen und Medienvielfalt und Journalismus zu schützen.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir orientieren uns mit unseren Forderungen an denen der Betroffenen. Die sind die Expertinnen und Experten. Die Verbände aller Sparten, allen voran der Deutsche Kulturrat, belegen ihre Forderungen mit Zahlen, mit Fallbeispielen, mit Fakten. Sie belegen, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft eben nicht eine Branche wie jede andere ist. Nicht nur die betroffenen Künstlerinnen und Künstler, sondern auch zum Beispiel Schausteller, Vermieterinnen und Vermieter von Veranstaltungstechnik, Kunsthandwerkerinnen und Kunsthandwerker, Journalistinnen und Journalisten, selbst Solo-Selbstständige jeder Couleur, also alle, die in irgendeiner Form davon leben, dass Veranstaltungen, ob in Klubs, in Theatern, in soziokulturellen Zentren, dass Märkte, Festivals, Stadtfeste usw. usf. stattfinden, waren die Ersten, die von den notwendigen Einschränkungen wegen der Pandemie betroffen waren. Und sie werden vermutlich die Letzten sein, für die es eine Normalisierung geben wird. Es kann aber nicht sein, dass die Letzten die Hunde beißen. Es kann nicht sein, dass sie in der Grundsicherung landen.
(Beifall bei der LINKEN)
In diesem Punkt sind wir uns erfreulicherweise sehr einig – das hat sich heute im Kulturausschuss gezeigt –: Natürlich braucht es auch geeignete Maßnahmen zum Erhalt der kulturellen Infrastruktur. Kredite und Stundungen sind nachweislich zu oft nicht geeignet. Aber jede verlorene Spielstätte bedeutet, dass es langfristig weniger Arbeitsmöglichkeiten für Künstlerinnen und Künstler gibt. Und ja, Kultur ist systemrelevant. Medien sind systemrelevant. Das Problem ist aber, dass ausgerechnet diese Gruppe, die so besondere demokratierelevante Arbeit leistet, nach kürzester Zeit am Limit ist. Dieses Problem ist systemimmanent. Der Fehler liegt im System.
(Beifall bei der LINKEN)
Kulturförderung nimmt immer schon die Selbstausbeutung der Kulturschaffenden billigend in Kauf. Es braucht Vergabekriterien, die soziale Aspekte beinhalten. Wir brauchen Lösungen für die soziale Absicherung von Solo-Selbstständigen. Wir brauchen Mindesthonorare und Mindestgagen. Die Branche braucht nicht nur Applaus. Sie verdient Respekt.
(Beifall bei der LINKEN)
Es liegen viele wirklich gute Vorschläge auf dem Tisch; wir werden sie im Ausschuss diskutieren. Bitte nehmen Sie sie nicht nur zur Kenntnis! Bitte machen Sie was draus!
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)