Vor nunmehr 50 Jahren starb der Schriftsteller B. Traven, der als Ret Marut in der Bayrischen Räterepublik deutliche Spuren hinterlassen hatte. Von seinem Werk und seiner Haltung erzählt unser Sammelband Der Feuerstuhl, der dieser Tage im Alibri-Verlag erschienen ist. Am Mittwochabend feierten wir Buchpremiere im Literaturforum des Berliner Brecht-Hauses. Über vierzig Gäste waren gekommen und auch einige der Autor*innen, unter ihnen Jörg Sundermeier vom Verbrecher Verlag (auf dem Foto im Gespräch mit mir).

Buchpremiere, Der Feuerstuhl, Werk und Wirkung des Schriftstellers B. Traven, Herausgegeben von Simone Barrientos und Karsten Krampitz

Simone Barrientos im Gespräch mit Jörg Sundermeier (Verbrecher Verlag)

Sein Thema im Buch: Wie schreibt man einen linken Bestseller? Kurioserweise hat er grade einen solchen verlegt. Anke Stellings „Schäfchen im Trockenen“ erhielt unlängst den Preis der Leipziger Buchmesse. Und wie Sundermeier im Gespräch erzählte, habe er in all den Jahren als Verleger noch nie eine solche Freude gehabt beim morgendlichen Blick auf die Umsatzzahlen.
Zuvor lasen Luise Meier, Karsten Krampitz und Thomas Martin die berühmte Schlüsselszene aus dem Roman Regierung, die Geschichte des „Feuerstuhls“, der unser Anthologie seinen Namen gegeben hat. Und selbstverständlich auch Travens Kommentar aus dem Jahr 1931:
„(…) Es wäre den Proletariern wohl ernsthaft zu raten, jene gut ausgeprobten indianischen Wahlmethoden anzuwenden, insbesondere gegenüber den Beamten ihrer gewerkschaftlichen und ihrer politischen Organisationen. Nicht nur in Rußland, wo es am nötigsten ist, sondern auch in allen übrigen europäischen Ländern, wo Marx und Lenin zu Säulenheiligen erklärt wurden, könnten kämpfende Proletarier bei weitem sicherer ihnen nützliche Erfolge erzielen, wenn sie ihren Führern jährlich ein heftiges Feuer unter den Hintern legen würden. Kein Führer ist unersetzbar. Und je häufiger neue Führer auf einen glühenden Sessel gesetzt werden, um so lebendiger bleibt die Bewegung. Nur nicht zaghaft sein, Proletarier. Erst recht nicht sentimental.“

Buchpremiere, Der Feuerstuhl, Werk und Wirkung des Schriftstellers B. Traven, Herausgegeben von Simone Barrientos und Karsten Krampitz

Karsten Krampitz im Gespräch mit Luise Meier und Thomas Martin

Luise Meier, die im vergangenen Jahr mit der MRX-Maschine (Matthes & Seitz) im Feuilleton für Aufsehen sorgte, hob im Podiumsgespräch Travens überaus kluge Analyse kapitalistischer Verhältnisse hervor, dargelegt in einer verständlichen Weise wie man sie kaum in einem Sachbuch fände. Überhaupt sei die kritische Hinterfragung aller Mandatsträger, der Druck der Basis, wofür die Feuerstuhlszene eine Metapher ist, wichtiger und aktueller denn je.
Im Theaterbetrieb, so der Dramaturg Thomas Martin, erlebe man den Feuerstuhl jeden Abend durch das Publikum. Wobei Traven leider ein Schriftsteller sei, dem über Nacht – vermutlich um das Jahr 1968 herum – sein Publikum abhandengekommen ist, „das Groß- und Lumpenproletariat, die Massen der von der Mitte an die Ränder Getriebenen“, wie Thomas Martin in seinem Essay schreibt. Eine These, der das Publikum im Brecht-Haus widersprach. Die Zeiten ändern sich und auch die Leser*innen.

Ein herzlicher Dank den beteiligten Autor*innen:
Andreas Baum, Rev. Christian Dabeler, else Gabriel, Jochen Knoblauch, Caroline Kodym, Thomas Martin, Luise Meier, Frank Nordhausen, Marc Ottiker, Guillaume Paoli, Jan Rolletschek, Wolf-Dietrich (Jason) Schramm, Maurice Schuhmann, Torsten Seifert, Beat Sterchi, Christoph Spehr, Enno Stahl, Leander Sukov, Jörg Sundermeier, Jörg Thunecke, Johannes Zeilinger und nicht zu vergessen: Kurt Tucholsky.

Cover Der Feuerstuhl, Werk und Wirkung des Schriftstellers B. Traven, Herausgegeben von Simone Barrientos und Karsten Krampitz

Simone Barrientos / Karsten Krampitz (Hrsg.)
Der Feuerstuhl
Werk und Wirkung des Schriftstellers B. Traven

239 Seiten, kartoniert, Euro 16.-
ISBN 978-3-86569-302-2
erschienen März 2019